Mike Schnoor über Chancen und Herausforderungen von Native Advertising

15. September 2015
Mike Schnoor

Foto: Guts & Glory, Christian Metzler.

Über Mike Schnoor:

Mike Schnoor ist Senior Partner von Guts & Glory, der Manufaktur für die Digitalisierung von Marken, Unternehmen und Institutionen. Als Berater und Autor sorgt er dafür, dass Unternehmen sich im digitalen Wettbewerb hinsichtlich Kommunikation, Prozesse, Kreation und Social Media richtig positionieren können. Seine berufliche Schwerpunkte liegen in der Digitalen Transformation, Kommunikation, Digital Strategy, Marketing, Public Relations und Social Media. Als Herausgeber und Chefredakteur von #DigiBuzz – Das Magazin für das Digital Business analysiert er aktuelle Trends, neue Ideen und Geschäftsmodelle. Seine Erfahrungen aus über 15 Jahren in der Digitalbranche teilt er regelmäßig in Gastbeiträgen für tonangebende Branchendienste.

Wie würdest du Native Advertising definieren?

Im Gegensatz zu heutiger Bannerwerbung lässt sich Native Advertising fast schon mit dem Internet von vor zehn Jahren vergleichen. Der Nutzer wird bei seinem Online-Erlebnis nicht gestört. Aufgrund der Vielzahl von Werbeanzeigen, sei es auf Plakatwerbung, im TV, Radio, Internet und Mobil, die täglich auf die Konsumenten einprasseln, hat es Werbung mittlerweile sehr schwer, sich überhaupt durchzusetzen. Werbung darf zwar Aufmerksamkeit erregen, sie soll aber dem Benutzer keine Ohrfeige geben. Deswegen darf Native Advertising als eine durchaus wünschenswerte Entwicklung betrachtet werden.

 Was bedeutet die Native Einbettung für dich konkret ? 

Konkret bedeutet dies, dass Werbung im Umfeld einer Website nicht negativ auffällt, sondern sich auf der Seite harmonisch einschmiegt. Dabei muss das klassische Gebot der Trennung von redaktionellen und werblichen Inhalten mittels einer Kennzeichnung stets gewahrt sein. Bei Native Advertising sprechen wir nicht von aufdringlicher Werbung, wie z.B. ein Overlay sich über den Content legt oder ein automatisch abspielendes Video als Pre-roll vor dem eigentlichen Inhalt . Native Advertising verärgert also den Nutzer nicht und sein Online Erlebnis wird nicht gestört. Im Idealfall wecken Native Ads ein Interesse und lassen den Nutzern dann die freie Wahl, ob sie das digitale Advertorial tatsächlich öffnen möchten. Dieser Klick ist umso wertvoller als die hohen Streuverluste durch fälschliche Ad-Clicks, die beim Schließen eines Overlays oder beim Überspringen von Video-Ads entstehen.

Wie es dann nach dem Klick auf ein Native-Ad weiter geht, also ob der Nutzer auf einer Landingpage oder auf einer nativen Seite innerhalb des jeweiligen Publisher-Mediums landet, ist von zweitrangiger Bedeutung. Vielmehr zählt der initiale Moment und wie die Anzeige auf den Verbraucher wirkt. Sie darf nicht zu aufdringlich sein, denn die Kunden entscheiden immer selbst, ob sie diese Werbeinhalte wahrnehmen möchten.

Darüber hinaus bieten Native Ads für den Werbetreibenden einen extrem wichtigen Vorteil, denn sie können sehr schnell feststellen, wie und ob eine geschaltete Werbung funktioniert. Mittels verschiedener Analysetechniken und bekannten Testverfahren wie dem A/B-Testing können Native Ads stets optimiert werden. So lässt sich leicht herausfinden, wie sich kleine Veränderungen eines Teasers auf die Klickzahlen der Kampagne und natürlich auf die jeweiligen Leads und Verkaufsabschlüsse auswirken.

 Was sind die Chancen von Native Advertising?

Das ganze Prinzip der Online-Werbung wird gerade auch vor dem Hintergrund der immer größeren Verbreitung von AdBlockern immer stärker hinterfragt. Publisher müssen Geld verdienen, um die Erstellung ihres Contents finanzieren zu können. Die dafür eingesetzte Werbung wird allerdings von immer mehr Nutzern ausgeblendet. Native Advertising hat ein größeres Potenzial die Nutzer zu erreichen im Vergleich zu herkömmlichen Display-Ads, Overlays oder den lautstarken Preroll-Videos. Auf diese Weise besteht die Chance, die Kunden wieder an Marken heranzuführen und dabei auf ihre Wünsche einzugehen.

Die Werbeindustrie hat es über Jahre hinweg nicht geschafft, ihre Kunden von ihren „innovativen, neuen Formaten“ zu überzeugen, welche eigentlich die Webseiten mit noch mehr Werbung zukleistern. Vielmehr sind Webseiten mit immer mehr Werbebannern überfüllt und verbrauchen unnötig viel Datenvolumen. In Zeiten der immer größeren Bedeutung des mobilen Internets gilt die Datensparsamkeit als ein sehr wichtiger Aspekt. Native Advertising kann dazu beitragen, den grundsätzlichen Datenverbrauch zu senken und so auch den Geldbeutel von mobilen Nutzer zu schonen.

 Welche Risiken siehst du für Native Advertising? 

Die harmonische Einbettung des werblichen Inhalts kann sowohl als eine Chance gelten als auch zu einem Risiko werden. Einigen Medien haben in den letzten Jahren vermehrt Werbeformate eingesetzt, die im Prinzip pure Werbung im Gewand reißerisch angepriesener Artikel sind. Der Hinweis auf werbliche Inhalte fehlte gänzlich. Ob Native Advertising nun doch auf diesen Zug aufspringt oder echte Abhilfe schaffen kann, wird die Zeit und die Akzeptanz seitens der Nutzer zeigen.

 Wie können diese Herausforderungen am besten angegangen werden? 

Es ist unerlässlich, dass Native Ads immer ordentlich und rechtskonform als werblicher Content gekennzeichnet werden. Wenn Publisher das nicht machen, katapultieren sie sich bei den Nutzern schnell ins Aus. Gleiches gilt für die Werbetreibenden, die nur allzu gerne auf die Kennzeichnung ihrer werblichen Inhalte verzichten würden. Die Entwicklung von Standards zur korrekten Anwendung von Native Ads ist daher wünschenswert, jedoch sollte dies keine brancheninterne Diskussion sein. Neben Publishern, Mediaagenturen und Vermarktern sollten gerade die Nutzer bei der Standardisierung zu Wort kommen. Berücksichtigt man auch deren Wünsche, kann eine Entwicklung wie die Ablehnung von Display-Ads zugunsten von Adblocker-Technologie vielleicht frühzeitig verhindert werden.

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